Seit April 2014 mehren sich Berichte aus der Provinz Zhejiang über den Abriss von „gesetzwidrigen“ religiösen Gebäuden und Gebäudeteilen, die ohne Regierungsgenehmigung errichtet wurden, sowie über die Zwangsentfernung von Kreuzen auf Dächern und Türmen v.a. staatlich genehmigter Kirchen. Betroffen sind den Berichten zufolge insbesondere protestantische, aber auch katholische Kirchen und Stätten anderer Glaubensrichtungen in der Stadt Wenzhou und der ihr unterstehenden Kreise.
Die Zahl der protestantischen Christen in Wenzhou hat sich in den letzten Jahrzehnten vervielfacht. Nach Angaben der staatlichen Global Times sind 15% der 9 Mio. Einwohner Wenzhous Christen – ein Prozentsatz weit über dem Landesdurchschnitt. Die katholische Diözese Wenzhou zählt 120.000 Gläubige und 188 Kirchen. Nach Angaben des Guide to the Catholic Church in China 2014 gehören von den 51 Priestern der Diözese 31 der offiziellen, 20 der inoffiziellen Kirche im „Untergrund“ an. Viele Christen in der Geschäftsstadt Wenzhou sind Privatunternehmer, deren Geld und Ein uss sich auch in den teilweise gewaltigen Kirchbauten mit ihren großen Kreuzen zeigt. Doch die traditionellen chinesischen Religionen sind in der Region ebenfalls sehr lebendig. Bereits im Jahr 1996 ergab eine Inspektion der Kultstätten durch die Provinzbehörden die Zahl von 17.900 „illegal“ erbauten Tempeln, Kirchen und Klöstern in Zhejiang (vgl. China heute 1996, Nr. 4, S. 98).
132 Kirchen (darunter 13 katholische) in Zhejiang, vor allem in Wenzhou, wurden – nach einer Liste der in den USA ansässigen Organisation ChinaAid – seit Beginn des Jahres bis Ende Juni 2014 entweder abgerissen, oder ihr Kreuz wurde entfernt, oder sie erhielten einen amtlichen Abrissbescheid für Gebäude oder Kreuze. Die Mehrheit, nämlich 90 der gelisteten 132 Fälle, betrifft die Demontage (oder, in einigen wenigen Fällen, Verhüllung) von Dachoder Turmkreuzen. Die Liste von ChinaAid lässt sich im Einzelnen nicht überprüfen, zeigt aber eine Tendenz auf. Für Stätten anderer Religionen sind keine Au istungen bekannt, es gibt nur vereinzelte Angaben. So wurden dem Religionswissenschaftler Wei Dedong (Renmin-Universität) zufolge allein im Juli 2013 in einem Kreis, nämlich im Kreis Sanmen, 25 Tempel mit einer Gesamt äche von 11.000 m2 abgerissen.